Geschichten & Geschriebenes2020-11-16T22:17:07+01:00

Zurück zu den Wurzeln

Es gibt Momente im Leben, da steht die Welt für einen Moment still. Solch einen Moment erlebte ich im Januar 2017. Ich hatte im Rahmen der Vorsorgeuntersuchung ein Mammographie-Screening gemacht, ohne einen Hauch von Beklemmung. Als der Arzt sich anschließend die Bilder ansah, betrachtete er sie für mein Gefühl zu lange. Die anschließende Ultraschalluntersuchung zog sich ebenfalls hin. Seine Aussage" Ich würde gerne eine Biopsie machen" beunruhigte mich dann aber doch. Um die Situation – und mich - zu entspannen, wagte ich einen Scherz: "Wären Sie gerne eine Frau?“ Lachend antwortete der Arzt mit einem klaren "Nein". Dann fügte er zu meiner Beruhigung hinzu: „Ich sehe nichts außer einer winzigen Unterbrechung im Gewebe, aber ich habe ein komisches Gefühl." Sein Gefühl trog ihn nicht und dafür werde ich ihm ewig dankbar sein. Drei Tage später rief er mich an: "Es ist Krebs." Was ich im Anschluss an das Telefonat gemacht habe, weiß ich nicht mehr. Irgendwann informierte ich die Familie [...]

Von |19/03/2023|Familie, Heimat, Leben|

An den Frühling

Wie kraftvoll ist die Zartheit des Frühlings   Ach, Frühling lass dein blaues Band der Auferstehung wehen blühe in der Asche der Vernichtung schlage Wurzeln in der verbrannten Erde lass Vögel deine Lieder singen dass die grausamen Stimmen verstummen   Die Mörder sollen tanzen nach deinen Melodien bis sie erschöpft fallen als Opfer deines Friedens

Von |28/04/2022|Leben, Politik|

Eine späte Liebe ohne Grenzen

[Originaltext der Autorin] Meine Oma Fenna, mein Opa Bernd, meine Eltern, mein kleiner Bruder Bernd und ich, die kleine Fenna Gaalken, wohnten in Egge, einem kleinen Dorf an der holländischen Grenze bei Itterbeck. Wir hatten ein kleines Lebensmittelgeschäft und eine Gaststätte. Bei uns war es nie langweilig - immer waren Menschen da. Als ich elf Jahre alt war, zogen wir in einen Nachbarort in ein neu gebautes Einfamilienhaus, da Opa Bernd krank war und die Gaststätte nicht weiterführen konnte. Oma Fenna machte den Haushalt, sie war eine sehr lebenslustige Frau. Oft waren Freunde in unserer Wohnung. Als ich 15 Jahre alt war, starb Opa Bernd. Mit 19 Jahren zog ich aus, war aber noch regelmäßig in meinem Elternhaus zu Besuch.. Wann es begann, weiß ich nicht mehr genau. Ein Holländer, heute sagt man Niederländer, kam häufiger zu uns. Hendrik Vos. Oma Fenna und er kannten sich schon 40 Jahre und hatten sich auch schon mit ihren Partnern besucht. Nun waren [...]

Von |30/03/2022|Familie, Früher, Heimat, Liebe|

Als Opa Evert den kleinen Erwin großzog

[Originaltext der Autorin] Ich war neulich mit Freunden auf einer Party in einem alten Bauernkotten und traf nach langer Zeit Erwin Vorrink wieder. Wir tauschten Erinnerungen aus, den wir hatten einen gemeinsamen Opa, der streng genommen gar nicht unser Großvater war. Erwin ist 40 Jahre und ich bin 59 Jahre alt. Und zu unserem Opa Evert gibt es eine besondere Geschichte zu erzählen. Denn er zog noch im Rentenalter ein Kind groß. Meine Mutter Gesine Gaalken, geborene Rötterink, verlor mit gerade mal 2 Jahren ihre Mutter. Nachdem sie einige Zeit bei verschiedenen Familien gelebt hatte, nahmen Fenna und Evert Hartger sie auf, Tante und Onkel kinderlos. Sie lebten in Striepe bei Itterbeck. Meine Mutter verbrachte nicht allzu viel Zeit mit ihrem Pflegevater. Zunächst wegen des Krieges, später wegen seiner Arbeit. Sie zog im Alter von 18 Jahren aus und heiratete Geert Gaalken, meinen Vater.  Kurz nachdem meine Mutter das Haus verlassen hatte, zog Johann Vorrink bei Fenna und Evert Hartger [...]

Von |30/03/2022|Familie, Früher, Heimat, Liebe|

Besuch bei Verwandten (Originaltext der Autorin)

Unsere Verwandten wohnten in einem nicht zu großen Umkreis rings um uns herum. Hin und wieder besuchten wir uns gegenseitig, und das war für uns Kinder ein besonderes Ereignis.   So war geplant, die Schwester meines Vaters, Tante Dorothea, genannt Dora, Denecke geb. Moldenhauer, verheiratet mit Ewald Denecke, einem Freund meines Vaters, mit Familie in Ackendorf zu besuchen.  Als ich geboren wurde, am dreizehnten November, rief mein Vater meine Tante morgens an. Sie war überrascht und sagte, „Nanu, Bruder, willst du mir denn schon so früh zum Geburtstag gratulieren?“ Daraufhin sagte mein Vater: „Nein, du sollst mir gratulieren. Wir haben auch eine kleine Dora!“  So kam ich zu meinem Namen. Und Tante Dora Denecke wurde meine Patentante.   Wir wurden nach dem Essen erwartet.  Meine Schwester Anni und ich wurden „fein“ gemacht, der Jagdwagen wurde auf den Hof gebracht, ein Gespann Pferde ausgewählt, und dann ging es bei wunderbarem Winterwetter auf die Reise. Circa anderthalb Stunden. Es gab die Möglichkeit, [...]

Von |30/08/2021|Heimat|

Mir geht es manchmal gar nicht bello oder Kleine Typologie des Mittagsschlafs

Wir wohnten damals in der Seestraße, fast im Grünen, als unsere Tochter meinte, es sei an der Zeit, einen Hund in der Familie aufzunehmen. Ich sei schließlich Lehrer und müsse doch wissen, dass die Anschaffung eines Hundes die Entwicklung von Verantwortungsgefühl bei Kindern unterstütze und das sei pädagogisch sehr sinnvoll. Ganz schön altklug, dachte ich, ist eben meine Tochter, dachte ich, sagte aber weiter nichts. Das war ein Fehler. Leibniz, der Philosoph, soll einst gesagt haben: „Der Hund ist ein von Flöhen bewohnter Organismus, der bellt“, als er gefragt wurde, was er vom treusten Freund des Menschen halte. Wenn es nur das wäre, Flohpulver und ein Maulkorb würden sicher schnell Abhilfe schaffen. Aber meiner Erfahrung nach ist dieser Definition einiges hinzuzufügen, denn meine Frau und ich leben mit diesem Vierbeiner allein, seit unsere Tochter die elterliche Wohnung in Richtung Großstadt verlassen hat. „Wir hätten ihren Wunsch damals einfach sofort erfüllen müssen“, meinte meine Frau, „dann wäre uns dieses Schicksal [...]

Von |20/10/2020|Familie, Tierische Freunde|

Premium Partner

Premium-Partner Du siehst richtig gut aus, Heide. Wenn der Spiegel doch nur antworten könnte. Wird Hans mich heute küssen? Ein schöner Abend war es mit ihm. Wie lange habe ich kein derart vertrautes Gespräch mit einem interessanten Mann geführt? Gut, er ist älter als ich, doch er wirkte jünger. Wie spät ist es? Eine Stunde noch, dann ist er hier. Diese Aufregung. Ich schwitze. Die neuen Schuhe sind hoch, neun Zentimeter hohe Absätze fordern heraus. Bis er kommt, laufe ich barfuß. Mit den Absätzen bin ich viel größer als er. Anscheinend macht es ihm nichts aus. Er sagte, er liebe Frauen, die hohe Absätze tragen und die ihre weiblichen Reize durch geschickte Kleidung erahnen lassen. Schuhe habe ich mir sofort gekauft, das Etuikleid hatte ich noch im Schrank. Es spannt unangenehm. Wenn man sich später näher kennen wird, kommt es bestimmt nicht mehr so darauf an. Hätte ich am Samstag auf der Vernissage keinen engen Rock und Pumps getragen, wäre [...]

Von |14/10/2020|Leben, Liebe|

Ein Abend, den man nie vergisst oder Ein Film über Berlin

Hallo, Gertrud! Sind wir die Letzten? Nein. Kommt rein. 7 Uhr, wie abgemacht. Wir haben dir was mitgebracht, als Dankeschön, ’ne Kleinigkeit. Kein Geschenk. Was ist es denn? Ein Gedicht. Selbstgemacht. Dann zählt es nicht. Hallo Wilfried, altes Haus. Von wem ist dieser Blumenstrauß? Hallo Ina. Wo ist Jan? Mein Mann steht schon am Buffet. Eine herrliche Idee uns ein Video zu zeigen von Berlin. Ein günstiger Termin. Mit dem Beamer? Bin gespannt. Projektierst du’s an die Wand? Oh, Elfriede, hübsche Bluse. Apfelsaft? Nein, Pampelmuse. Hallo Karin. Hallo Harald. Es hat geklingelt. Ich mach auf. Bei C&A im Schlussverkauf. Wer ist da? Herrlich, Gertrud, die Salate. Renate, probier doch mal die Paprika. Wer ist da? Hallo Marlies, hallo Gert. Gestern war’n wir im Konzert. Scampis, oh, mein Leibgericht. Rukula? Nee, mag ich nicht. Die Brötchen, eine Köstlichkeit. Karl ist krank. Das tut mir leid. Die Brötchen sind von Lagemann. Keiner kann so gute Brötchen backen. Ich hab’s im Nacken. Klosterfrau-Melissengeist. [...]

Von |14/10/2020|Gedichte, Satire, Technik|

Stationen des Lebens

Zärtlich streichelte Ewald mit zwei Fingern über ihre kalte, weiße Wange. Am Mittag hatte sie ihm noch, mit einem kaum wahrnehmbaren Lächeln um die Mundwinkel, geantwortet. Dann musste er kurz zur Toilette, nur einmal den Flur hinunter bis zu den Fahrstühlen. Nur für wenige Minuten hatte er sich von ihrem Bett entfernt und da war sie gegangen, einfach gestorben. Wäre er dort gewesen, hätte er sie halten können, er hätte Sturm geklingelt und nach der Schwester gerufen. In seinem Innern schrie eine verzweifelte Stimme: „Anni, lass mich nicht allein!“ Aber aus seinem Mund war kein Laut gekommen. „Herr Naumann", Schwester Hildegard hatte eindringlich auf ihn eingesprochen, „wir hätten nichts mehr für ihre Frau tun können. Sehen Sie, wie friedlich sie aussieht. Sie wollte nicht mehr kämpfen!" Aber er hatte noch kämpfen wollen! Er war noch nicht bereit. Und jetzt lag sie hier in diesem fremden Zimmer, in das die Patienten gebracht werden, wenn sie keine Patienten mehr sind. Schwester Inga [...]

Von |24/06/2020|Früher, Leben, Liebe|

Savannentrauma

Ohne dich ist alles nichts. Das Nichts ist ohne dich überall. Unerträglich. Scharf biss der Geruch nach Elefantendung in der Nase. Der Land Rover holperte über die unwegsame Sandpiste. Tom klammerte sich an den Haltegriff.  "Das ist die Erfüllung deines Traumes?“, witzelte er mit einem Seitenblick auf Elena, die neben ihm auf dem Rücksitz des Land Rovers saß und sich krampfhaft am Vordersitz festhielt, um nicht mit dem Kopf an die Fahrzeugdecke zu stoßen. „Mit vierzig Sachen über eine Sandpiste zu preschen und sich einen Bandscheibenvorfall zu holen?“ Elena nickte. “Ja, mein Lebenstraum ist endlich real.“ Mit Blick auf Hamisi fuhr sie fort: „Gut, dass unser Fahrer sein Handwerk versteht. Als Selbstfahrer wären wir auf diesen Pisten längst aufgeschmissen.“ Tom hatte sie selten so strahlend gesehen und beglückwünschte sich zu seinem gelungenen Geschenk, das das High-light ihres Wochenendes auf Sylt dargestellt hatte. Drei Tage hatten sie sie das Meer, die ersten Sonnenstrahlen des Frühlings, Champagner und Austern genossen. Am letzten [...]

Von |20/09/2018|Familie, Reisen|